Pop-up – Design und Konstruktion

Keith Finch
Pop-up: Design und Konstruktion
Haupt Verlag 2013, 24 Seiten mit vielen Pop-ups
ISBN 978-3-258-60082-6

Aller Anfang ist … einfach

Hatten Sie schon einmal ein Pop-up in Händen, das in Ihnen den Wunsch weckte selbst zum Papieringenieur zu werden? Wenn ja, dann wird „Pop up. Design und Konstruktion“ Ihren Ehrgeiz schüren und Sie zu ersten Erfolgen führen. Die wilde Papierskulptur am Beginn des Buches lässt erahnen, was mithilfe der Papiermechanik alles möglich ist. Doch bevor ein so komplexes Pop-up in Angriff genommen werden kann, müssen die grundlegenden Konstruktionsprinzipien erlernt werden. Keith Finch bietet Anfängern einen spielerischen, niederschwelligen Zugang zu bewährten, vielseitig anwendbaren Techniken des interaktiven Papierdesigns. Dabei geht er sehr systematisch vor. Nach der Gebrauchsanleitung für das Buch werden die notwendigen Werkzeuge und sonstigen Utensilien aufgelistet, Begriffe erklärt und allgemeine Hinweise zu den wichtigsten Techniken gegeben.  Um zu üben, müssen Schnitt- und Faltvorlagen nicht gezeichnet werden. Alle Bauteile lassen sich aus den Seitenrändern herauslösen und an vorgegebenen Markierungen direkt ins Buch einkleben. Das ist ein raffinierter Einfall, der Ungeduldigen viel Zeit spart. Knapp gehaltene Anleitungstexte führen Schritt für Schritt durch den Aufbau der Grundelemente und die Faltung der Schnittmuster.

Auf in die dritte Dimension

Pop-ups funktionieren durch Bewegung. Sie streben in die Höhe und drängen nach Entfaltung. Vier Doppelseiten sind daher dem Spiel mit Winkeln und Faltungen gewidmet.

Die einfache Winkelfaltung sorgt für viel Bewegung und kann durch das Verändern von Stand- und Neigungswinkel variiert werden. Der Einsatz von Symmetrie und Asymmetrie bringt weitere Gestaltungsmöglichkeiten.

Mit komplexen Winkelfaltungen können – unter anderem – dreidimensionale Körper, wie Würfel und Pyramide, angefertigt sowie Zusatzflächen geschaffen werden.

Die einfache Parallelfaltung kommt oft bei Glückwunschkarten zur Anwendung und ist eine ideale Stütze für Kulissen.

Die komplexe Parallelfaltung eignet sich ebenfalls gut für Stützen,  es lassen sich aber auch komplexere Formen, wie sechseckige Körper, bauen.

Die Erklärungen der verschiedenen Faltungen führen vom Einfachen zum Verfeinerten. Zahlreiche Übungsmodelle zeigen, was passiert, wenn Winkel geändert oder Laschen in unterschiedlicher Position am Grundkarton eingeklebt werden. Für dekorative Überraschungen sorgen Bonus-Pop-ups.

Das Geheimnis zwischen den Seiten

Zusätzliche Dynamik kann ein Projekt durch Elemente, die sich nicht über die Grundfläche des Trägerbogens erheben, erhalten. Bewegung lässt sich schließlich auch durch schieben, ziehen und drehen erzielen. Drei Doppelseiten  sind daher Schiebeelementen, Drehmechanismen und Drehscheiben gewidmet. Sie können in Pop-ups eingebaut werden. Meist bleiben sie jedoch ganz oder teilweise zwischen den Seiten verborgen und bilden die Basis für andersgeartete interaktive Spielereien, wie dem Fensterbild. Mit gut versteckten und doch bewegten Motiven kann einem Projekt eine geheimnisvolle Note verliehen werden. Damit die Mechanik auf Anhieb funktioniert, werden die Anleitungen in diesem Teil des Buches von hervorragenden Zeichnungen begleitet, die zeigen, wie die Einzelteile montiert werden müssen.

Ran an den eigenen Entwurf!

Tipps für eigene Entwürfe – bei denen es auch zu bedenken gilt, ob das Pop-up über die Seiten hinausspringen soll, der Trägerbogen als Boden oder Hintergrund dienen muss – runden das Buch ab.

Jetzt gilt es, Fantasie zu entwickeln und die Grundelemente so einzusetzen, dass etwas Einzigartiges entsteht. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von der Rauminstallation bis zum Märchenbuch mit interaktiven Elementen. Glücklicherweise muss man nicht gut in Mathe sein, um Pop-ups entwerfen und bauen zu können!

Besonders wichtig ist es, die richtige Kartonstärke für das geplante Projekt zu finden. Auch auf diese Problematik geht Keith Finch kurz ein. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich auszahlt zu experimentieren – nicht nur um die richtige Papierstärke zu finden, sondern auch um zu sehen, ob das Papier in bedrucktem Zustand an der Oberfläche bricht. Aber keine Sorge: Pop-ups zu entwerfen macht Spaß! Ein Buch, wie „Pop-Up. Design und Konstruktion“, in dem jedes Element vorgefertigt zur Verfügung steht,  lässt jedoch den Faktor Zeit vergessen. Dreidimensionales Papierdesign ist kein schnelles Medium. Es erfordert Geduld, die Fähigkeit zu Planen und eine gewisse Portion Hartnäckigkeit. Ich baue nach Falt- und Druckproben zunächst ein Modell meines Entwurfs aus weißem Karton und verzeichne auf ihm Beobachtungen, Fehler und Änderungswünsche. Darauf folgt ein zweiter Test mit dem bedrucktem Papier zur Feinjustierung der Motive. Da kann es schon ein paar Tage dauern, bis ein Pop up fertig ist.

Wer sich zwar durch „Pop-Up. Design und Konstruktion“ gearbeitet hat, aber sich einen eigenen Entwurf noch nicht zutraut, kann mit zwei vorgefertigten Projekten weiter üben. Am Ende des Buches liegen zwei Pop-ups als Bastelbögen bei.

Fazit

Das Buch Pop-up: Design und Konstruktion erfreut mit einer anfängergerechten Vermittlung von Grundlagen der Papiermechanik. Bonbonbunt, logisch aufgebaut und unkompliziert erweist es sich als idealer Einstieg für angehende Papieringenieure in die wunderbare Welt des dreidimensionalen Papierdesigns. Am besten Sie kaufen zwei Exemplare. Ein Buch zum Heraustrennen und Einkleben der Modelle und eines, um die flache Grundform der Mechanismen als Vorlage für eigene Entwürfe bei der Hand zu haben.

© Christine Ranseder