Ebensolch Rez-E-zine05/04 |
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Non-Fiction Buch Bearbeitet von Michael Roth Georg Flegel. Die Aquarelle Gebunden mit Schutzumschlag. 128 S. Ca. 90 Abb., davon ca. 85 in Farbe Euro 29,95 (D) ISBN 3-7913-2931-6 |
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Rezension Durch dieses Buch zu blättern ist ein sinnliches Vergnügen. Die in höchster Qualität wiedergegebenen Aquarelle Georg Flegels zeigen Blumen, die so frisch und vollkommen wirken, dass man meint sie vom Blatt pflücken und in eine Vase stellen zu können. Die Darstellungen erfreuen durch leuchtende, satte Farben, feinste Details und akribische Naturtreue. Damit stehen die über feinster Vorzeichnung ausgeführten Aquarelle auf Papier in der Tradition der wissenschaftlichen Naturerfassung, die mit Albrecht Dürer ihren Anfang nahm. Gemessen an seiner Bedeutung für die Stilllebenmalerei des frühen 17. Jahrhunderts ist über die Person Georg Flegels wenig bekannt. Er wurde 1566 in Olmütz (Mähren) als Sohn eines Schusters geboren. Seine Ausbildung erhielt er in seiner Heimatstadt. Zeit seines Lebens unterhielt er Verbindungen zu der niederländischen Künstlerfamilie der Van Valckenborchs. Als Lucas van Valckenborch sich in Linz aufhielt, arbeitete Flegel in seinem Atelier und folgte ihm später nach Frankfurt am Main. Im Jahr 1597 wurde Georg Flegel in die Frankfurter Bürgerschaft aufgenommen und führte fortan sein eigenes Atelier. Hier starb er 1638 im Alter von 75 Jahren. Michael Roth spürt in seinem Beitrag den Lebensdaten Georg Flegels nach und legt die Bedeutung der um 1600 stark von niederländischen Emigranten geprägten Stadt Frankfurt für die hier lebenden Künstler dar. Seine eingehende Analyse der Aquarelle führt ihn zu dem Schluss, dass sie als Vorlagensammlung im Atelier dienten. Motivübereinstimmungen mit Darstellungen auf Gemälden bekräftigen diese Deutung. Sabine Pénot untersucht die Entwicklung der Blumenmalerei, ihre Bedeutung für Flegels Werk und seine Stellung innerhalb dieser Tradition. Die Pflanzenauswahl auf Flegels Aquarellen umfasst sowohl einheimische als auch aus Südeuropa und dem Orient neu eingeführte Blumen. So kamen die begehrten Tulpen, die in Europa eine wahre Hysterie auslösten, aus Konstantinopel. Von hier stammen auch Anemonen, Ranunkeln, Schachblumen, Hyazinthen und Kaiserkronen. Drei der abgebildeten Pflanzen haben ihre Heimat im fernen Amerika. Viele der Züchtungen, wie z. B. das rosafarbene Maiglöckchen, existieren heute nicht mehr. Als Dokument der zu Flegels Lebzeiten verfügbaren Pflanzen ist seine Blumenmalerei somit auch aus botanisch-historischer Sicht von Interesse. Einen kurzen Überblick zur Kulturgeschichte der Blumen gibt der Beitrag von Marina Heilmeyer. Den von Georg Flegel dargestellten Blumen aus botanischer Sicht widmet sich Sam Segal. Der detaillierte Katalog bietet neben Beschreibungen der Aquarelle und Literaturhinweisen auch neue botanische und zoologische Bestimmungen. Der anlässlich der Ausstellung im Kupferstichkabinett Berlin (25.7. bis 9.11.2003) erschienene Werkkatalog zeigt erstmals den erhaltenen Gesamtbestand der Aquarelle Georg Flegels. Das ausgezeichnete Preis-Leistungsverhältnis des Buches macht es einem großen Leserkreis möglich sich an rund 80 Blättern mit seiner delikaten Blumenmalerei zu erfreuen. Dies hilft ein wenig über den schmerzlichen Verlust von weiteren 30 Aquarellen im Zweiten Weltkrieg hinwegzutrösten. Das Buch bietet sowohl dem Kunstliebhaber als auch dem botanisch interessierten Blumenfreund eine Fülle an Informationen und einen optischen Genuss, der seinesgleichen sucht. © Ch. Ranseder |
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