Ebensolch Rez-E-zine

 05/04

 
 

 

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Immacolata Amodeo (Hg.)

FRAU MACHT WISSENSCHAFT. Wissenschaftlerinnen gestern und heute

FRAU MACHT WISSENSCHAFT (63484 Byte)

Ulrike Helmer Verlag 2003, 200 S.

EUR 19,95 / CHF 36,00

ISBN 3-89741-118-0

 

 

 

Rezension

Unter der Herausgeberin von Immacolara Amodeo haben sich elf renommierte Wissenschaftlerinnen vereint, um die letzten 100 Jahre an Deutschlands Universitäten unter dem Aspekt der Zulassung von Frauen zum Studium zu beleuchten und deren wissenschaftliche Tätigkeit bis ins Mittelalter zu verfolgen. Sie setzten sich in ihren Tagungsbeiträgen (5.-6. Juli 2002 Universität Bayreuth) mit wissenschaftlichen Karrieren und auch Nichtkarrieren von Frauen seit dem Mittelalter auseinander. Beleuchtet wird dabei nicht nur historisch, sondern auch fachspezifisch das bis heute anhaltende eklatante Missverhältnis zwischen der Anzahl von Hochschul-Absolventinnen und Hochschul-Professorinnen. Schließlich ist die Anzahl zwischen männlichen und weiblichen Studierenden zwar fachspezifisch unterschiedlich gewichtet aber im Gesamtbild in etwa ausgeglichen, während der Anteil an Professorinnen in Deutschland bei bedauerlich geringen ca. 10% stagniert. 

Den chronologischen Auftakt der Beiträge macht Nicole Weiß. Sie eröffnet Einblicke in weibliche Lebensformen des Mittelalters in ihrem Beitrag über "Weibliches Wissen und Wirken im Mittelalter". Zu dem zeigt sie deren Grenzen und Möglichkeiten auf Einfluss zu nehmen und intellektuell tätig zu werden.

Claudia Ortner-Buchberger widmet sich "gelehrten Frauen im Italien und Frankreich des 16. Jahrhunderts". Sie stellt drei Frauen, die im Zuge des humanistischen Bildungsideals des Renaissance als Autorinnen bzw. Malerin gesellschaftliche Anerkennung erfuhren in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen.

"Frau versus Künstlerin versus Wissenschaftlerin" von Beatrix Borchard zeigt die Diskrepanz zwischen der musikalischen Förderung Mädchen und deren Möglichkeiten im musikwissenschaftlichen Umfeld im Deutschland des 19. und 20. Jahrhunderts auf. Der Vorwurf der Autorin, dass Frauen arbeitsintensive aber wenig repräsentative Forschungsaufträge überantwortet bekamen, die zu dem der Stabilisierung der Heroengeschichtsschreibung dienten, kann m. E. getrost bis in die Gegenwart und auf auch auf andere Wissenschaften ausgedehnt werden. Es ist leider kein Phänomen der Musikwissenschaft, sondern nach wie vor eine Alltäglichkeit für Wissenschaftlerinnen.

Renate Tobies analysiert spannend und aufschlussreich "die Wege von Mathematikerinnen nach der Promotion". Ihr leicht optimistischer Schlusssatz, dass auf Grund einer Befragung von Mathematikabsolvierenden (1998/99) die Aussichten langsam besser werden, stimmt in Anbetracht ihrer vorhergehenden Einblicke nachdenklich. Immerhin haben von 70 mathematischen Fachbereichen an Universitäten und Hochschulen in Deutschland 30 bis dato noch nie eine Frau als Professorin berufen.

"Der Weg der Frau in juristische Berufe" wird von Ulrike Wanitzek nachgezeichnet. Nach der erfolgreichen nationalsozialistischen Verdrängungspolitik von Frauen nicht nur aus juristischen Berufen, ging der Anteil praktizierender Juristinnen ebenso schlagartig zurück, wie  auch der der Jusstudentinnen. Bezeichnend ist, dass erst in den späten 60er Jahren es wieder zu einer Zunahme von praktizierenden Juristinnen in der BRD kam. Von einer Verweiblichung des Juristenberufs zu sprechen, halte ich aber noch für realitätsfern.

Ulrike 0udée Dünkelsbühler betitelt ihren Beitrag "Frauen in der Psychoanalyse" und bleibt über ihre Aussage hinaus, dass 75-80% der Analytiker in Deutschland sind weiblich sind, eine eingehende und verständliche Analyse leider schuldig.

Einen Abriss zum Thema "Gender in der Krankenpflege und klinischen Medizin" legt Heidrun Kaupen-Haas bezogen auf das Forschungsprojekt Kommunikation am Krankenbett – Vergleichsstudien zu zwei neuen Organisationsformen der Pflege" vor.

"Netzwerke von Physikerinnen am Anfang und Ende des 20. Jahrhunderts" von Helene Götschel verdeutlicht, dass die in den Naturwissenschaften gegebene kollegiale Zusammenarbeit auch die Netzwerkbildung begünstigt. Diese Netzwerke hat die triste Berufsituation von Physikerinnen nicht nur während Verfolgung und Exil, sondern grundsätzlich gefördert. Ihr Hinweis auf den Bedarf an zukünftigen funktionierenden Netzwerken sollte auch in anderen Disziplinen gehört werden.

Sharon Webbs Artikel "Frauen in 'männlichen' Disziplinen am Beispiel Petrologie" fordert durch die Vorlage ihres ganz persönlichen Werdegangs und Profils Wissenschaftlerinnen ebenfalls zu mehr Netzwerkarbeit auf. So engagiert und spannend ihre persönlichen Aussagen sind, wären breitere Analysen in diesem Fachbereich wünschenswert.

Ilse Costas legt ein im historischen Gesamtkontext gestelltes sowie umfassendes Erklärungsmodell für den Zugang von Frauen zu akademischen Karrieren im internationalen Vergleich vor.

"Neugier und Unruhe. Vom schwierigen Verhältnis von Frauen zur Wissenschaft" ist der Abschlussbeitrag von Barbara Hahn betitelt, der eine Gesamtschau auf die universitäre Entwicklung nicht nur in Bezug auf Frauen versucht und durchaus auch am Anfang des Buches stehen könnte.

Die Publikation ist ein wertvoller Beitrag zur Frauenforschung unter dem Aspekt des Zugangs von Frauen zur Universität unter Berücksichtigung deren akademischen Karrieren. Viele Beiträge sind Zusammenfassungen von Forschungsergebnissen oder liefern Ansätze für weitere Forschungen, manches sollte unbedingt in stetigen Rhythmus neuanalysiert und möglichst breitenwirksam vorgelegt werden. Begrüßenswert ist in diesem Zusammenhang die beginnende Tendenz, dass vereinzelt Unterrichtende der gymnasialem Oberstufe auf Texte zur Frauenforschung zurückgreifen. Eine Vorbereitung der StudienanfängerInnen von morgen auf der Basis von Analysen aus diesem Tagungsband ist daher besonders empfehlenswert.

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