Ebensolch Rez-E-zine09/04 |
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Notiz Interview Dr. Doris Prenn buero für kommunikation und gestaltung |
prenn_punkt Ausstellungsarchitektur in OÖ Ein frischer Wind weht durch Oberösterreichs Museen. Seit mehr als zehn Jahren werden nach und nach aus langweiligen Vitrinensälen einladende Präsentationen und aus uniformen Sonderausstellungen attraktive Erlebniswelten. Verantwortlich dafür ist die Oberösterreicherin Doris Prenn. Die promovierte Geisteswissenschaftlerin bringt neben dem nötigen Background zusätzlich die Qualifikation als ausgebildete Kulturvermittlerin mit. Am Anfang ihrer Karriere stand in Linz die Kooperation mit zwei Kolleginnen als "perspektiva kulturservice". Seit vier Jahren ist sie mit "prenn.punkt, buero für kommunikation und gestaltung" mit Sitz in Alkoven erfolgreiche Ausstellungsarchitektin und Kommunikationsdesignerin. Erstaunlich wie oft man inzwischen ihrer Handschrift, die je nach Erfordernis von zurückhaltend zart bis kräftig dominant sein kann, begegnet. Aufgefallen ist mir ihre charakteristische Arbeit zuletzt durch die Gestaltung der beiden österreichischen Standorte der diesjährigen Oberösterreichischen Landesausstellung in Schärding und Reichersberg. Die grenzüberschreitende bayrisch-oberösterreichische Zusammenarbeit besticht auf österreichischer Seite durch das zündende Farbkonzept, die abwechslungsreiche Präsentation und die unaufdringliche und trotzdem gehaltvolle Vermittlung von komplexen Inhalten. Neugierig geworden auf die Ausstellungsarchitektin, die das gestalterische Großprojekt zu Wege gebracht hat, traf ich mich mit Doris Prenn in ihrem Büro in Alkoven. Gstocket liegt mitten in einem jener Gebiete, die im August 2002 nur noch mit "Land unter" bezeichnet werden konnten. Hier lebt und arbeitet die 44jährige. Heute lacht sie über die Flutkatastrophe, die leicht ihr finanzieller Ruin hätte werden können. Bei einem erfrischenden Campari Soda zeigt sie mir auf einigen Fotos das erschreckende Ausmaß der damaligen Zerstörung. "Trotz Hochwasser ging die Arbeit weiter", erzählt Doris Prenn lebhaft. "Egal ob eine Ausstellung komplett neu gestaltet werden muss oder Büroräume und eine Wohnung, es ist im Prinzip dasselbe. Schließlich müssen bei beiden Inhalte und Ziele zu den Räumen und letztlich zu den Menschen, die sich darin aufhalten werden, passen." Dass ihr dieses Kunststück gelingt, kann man auch an ihrer Wohnung und Büro sehen. Geschmackvoll verbindet sie im eigenen Umfeld zeitgenössische Kunst, klare Modernität mit bodenständiger Tradition zu einem harmonischen Ganzen. Im großzügigen Bürotrakt, der sich über zwei Ebenen hinzieht, finden sich Relikte vergangener Ausstellungen. Zwischen Prototypen, Probedrucken, ausgefallenen Vitrinen entdecke ich auch Auszeichnungen wie den Spezialpreis für Kommunikation mit Museen. Büros können offensichtlich auch schön sein und trotzdem funktionale Arbeitsräume bleiben. Kurz bin ich sogar versucht anzufragen, ob sie meine Wohnung - mit der ich bis dato hochzufrieden war - umgestalten würde. Stattdessen komme ich ganz professionell auf ihre Arbeit zurück und frage sie nach ihren früheren Projekten. "Eines meiner Lieblingsprojekte war die Ausstellung 'GotikSchätze' im Oberösterreichischen Landesmuseum in Linz," verrät die mir Doris Prenn. "Vielleicht erinnern Sie sich noch?" Sie reicht mir eine Dokumentation der "GotikSchätze", die als gotisches Kästchen gestaltet ist. Ja, natürlich kann ich mich noch erinnern. Fast schäme ich mich, nicht schon damals nach der Ausstellungsarchitektin recherchiert zu haben. Eine Erinnerung an volles Dunkelblau, tanzende Schatten an den Wänden und einer besonderen Atmosphäre, in der mit spielerischer Anmut die Objekte präsentiert wurden, blitzt in meinem Gedächtnis auf. Viel zu kurz blättere ich in einer wunderschönen Dokumentation der Ausstellung, die eine ihrer Mitarbeiterinnen gestaltet hat und gebe sie nur ungern wieder zurück. Doris Prenn schmückt sich nicht mit fremden Federn, dafür hat sie selbst genug vorzuweisen: "Natürlich mache ich nicht alles im Alleingang. Mir steht bei Bedarf ein Netzwerk von genialen GrafikerInnen, TexterInnen, Licht- und AkustikdesignerInnen und anderen Kreativen beratend und helfend zur Seite. Zu meiner Arbeit gehört nicht nur die Ausstellungskonzeption, sondern auch gute SpezialistInnen zu kennen und mit ihnen gemeinsam meine Ideen und Visionen zu verwirklichen." Über diesen Teil ihrer Arbeit möchte ich mehr erfahren. Der Managementpart scheint beachtlicher zu sein als ich angenommen habe; schließlich heißt es unter anderem termingerecht Wissenschafter und Grafiker, Handwerker und viele mehr zu koordinieren. Doris Prenn freut sich sichtlich über meine Frage. Sie schmunzelt und streicht ihre dunklen Locken zurück: "Man hat mich schon als detailverliebt bezeichnet. Ich fasse das als eines der größten Komplimente in meinem Beruf auf. Es ist nämlich unfassbar, was trotz exakter Vorbereitung beinahe schief gehen kann, wenn man nicht von Anfang bis zum Ende immer wieder überprüft und auf nahezu auf alle Eventualitäten vorbereitet ist. Mit den Handwerkern gibt es die wenigsten Probleme, solange sie nicht voller Freude am schönen Werk über das Ziel hinausschießen. Komplizierter sind eigentlich jene, die wenig kreatives Potential und ein kaum ausgeprägtes Vorstellungsvermögen haben, aber sich trotzdem einbringen möchten." Ehe ich mich versehe, werde ich in den Garten geführt und zum Spargelessen eingeladen. Anders als bei den Österreichern, denen die Spargel dereinst politisch kontraproduktiv im Halse stecken geblieben sind, ist das Gespräch mit Doris Prenn ebenso spannend wie der frische Spargel wohlschmeckend. Der Ausblick beschert mir einen Blick auf eine Monstrosität von Spargelbrunnen, die jedem Freudianer Jubelschrei entlocken würde. Nachdem ich eine Bemerkung über den Brunnen beim besten Willen nicht unterdrücken kann, schlägt Doris Prenn herzlich auflachend vor: "Ab jetzt sollten wir 'Du' sagen und über Vermittlungsprojekte der besonderen Art sprechen." Tatsächlich stellt Doris Prenn einige besondere Aspekte ihrer Arbeit bei verschiedenen Großausstellungen vor. Darunter sind so unterschiedliche Projekte wie der Leondinger Kulturwanderweg, ein mobiles Kriminalmuseum, eine Wanderausstellung im Lkw, Konzepte für Tonbandführungen, Juniorkataloge und vor allem Barrierefreiheit. Letzteres macht mich hellhörig und ich frage nach. Erfreut über meine Frage stellt sie mir ihren Einsatz für die Menschen mit besonderen Bedürfnissen vor. Barrierefreiheit ist ihr offensichtlich sehr wichtig, denn sie wirkt noch engagierter. "Barrierefreiheit zu schaffen ist mir ein wesentliches Anliegen. Es ist nicht immer einfach das dafür notwendige Verständnis und damit auch die finanziellen Mittel bei den AuftraggeberInnen zu erlangen. Meiner Ansicht nach sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, Menschen mit besonderen Bedürfnissen kulturelle Institutionen zugänglich zu machen. Außerordentlich wichtig ist es mir dafür Prototypen zu entwickeln, die alle BesucherInnen ansprechen und so zum Beispiel auch Sehende für die Bedürfnisse Blinder zu sensibilisieren." Sie bittet mich die Augen zu schließen und mit meinen Händen zu sehen, was sie mir vorlegt. Meine Finger fahren vorsichtig über eine zuerst glatte, dann unebene Oberfläche. Es fühlt sich wie Plastik an, mehr kann ich beim besten Willen nicht ertasten. Ich bin völlig blind in meinen Fingerspitzen. Als ich meine Augen wieder öffne, halte ich in den Händen ein Porträtfoto über das eine transparente Strukturfolie geklebt ist. Die versierte Kommunikationskuratorin erläutert: "Das ist ein Bild, das im Volkskundehaus Ried im Innkreis Sehenden und Blinden gleichermaßen Informationen vermittelt. Die didaktische Umsetzung von 'Wert des Lebens' in Schloss Hartheim hat mich veranlasst eigene Standards für Sehbehinderte, Blinde und Gehörlose zu entwickeln. Leider ist meist viel zu wenig Geld eingeplant, um für alle Menschen Zugänge zu ermöglichen. Eine Ausstellung barrierefrei zu machen, bedeutet nämlich wesentlich mehr als sie nur rollstuhlgerechte Rampen zu planen." Das Thema ist spannend und ich erfahre mehr über Videozuspielungen für Gehörlose und taktile Systeme für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen. Im Stillen hoffe ich, dass diese spezielle Qualifikation von Doris Prenn mehr genutzt wird. Ganz egoistisch denke ich dabei auch an mich. Ich will selbst mit unbekannten Zugängen Erfahrungen sammeln und neuen BesucherInnen in Ausstellungen begegnen. Eigentlich ist es sogar erschreckend, dass umfassende Barrierefreiheit in öffentlichen Räumen nicht selbstverständlich ist. Momentan arbeitet Doris Prenn an einem Lehrlingsprojekt im Rahmen des KUPF-Innovationstopfes 2003, bei dem eine spannende mobile Ausstellung entsteht. Darüber hinaus leitet sie Seminare zu Gestaltung sowie personaler und medialer Vermittlung in ganz Westösterreich. Ganz nebenbei entsteht in Zusammenarbeit mit ihrem Team ein aktueller Folder sowie eine Website. Viel Zeit zum Entspannen zwischen den Projekten bleibt ihr offensichtlich nicht, aber das ist auch gut so; denn Oberösterreich wird hoffentlich noch mehr attraktive kulturelle Anziehungspunkte durch sie erhalten. Für den interessanten Einblick in die Arbeit der Ausstellungsarchitektin und Kommunikationskuratorin Dr. Doris Prenn im Juni 2004 dankt © Sigrid Strohschneider-Laue |
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