Ebensolch Rez-E-zine

 11/04

 
 

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Michaela Hohkamp, Gabriele Jancke (Hgg.)

Nonne, Königin, Kurtisane

Nonne, Königin und Kurtisane

Ulrike Helmer Verlag 2004, 248 S.

€ 26,95

ISBN 3 89741 145 8

Rezension

Wissen, Bildung und Gelehrsamkeit von Frauen in der Frühen Neuzeit lautet der sprechende Untertitel des Buches sowie der 2001 in Berlin abgehaltenen Tagung. Bildung war und ist nicht immer und überall uneingeschränkt zugänglich. Limitierungen, die durch soziale und religiöse Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht und vielem mehr bedingt sind, sind leider auch heute gegeben. So ist es erst seit rund 100 Jahren für Frauen möglich an deutschen Universitäten nicht nur zu studieren, sondern auch offiziell - und nicht hinter einem Fenster versteckt und durch einen Mann vertreten - zu promovieren, von der anschließenden Ausübung des Erlernten ganz abgesehen. Um Bildungszugänge der Gegenwart einschätzen zu können, bedarf es fundiertes Wissen über deren Wurzeln. Auf die historischen Spuren gebildeter Frauen in der frühen Neuzeit hefteten sich daher in diesem Band elf Fachautorinnen. Die Beiträge wurden chronologisch umgekehrt gereiht, so dass sich die Geschichte der weiblichen Bildung in der Zeit zurückschreitend erschließt. Anhand von Fallbeispielen - Frauen unterschiedlicher sozialer und religiöser Herkunft - gelingt es den Autorinnen hochinteressante Schlaglichter auf Zeiten und Räume zu werfen, die schon ohne diese frauenspezifische Fragestellung bildungsmäßig nicht gerade leicht fassbar sind.

Gleich zum Auftakt weist daher Monika Mommerts auf diese Schwierigkeit des Sichtbarmachen der wissenschaftlichen Leistung von Frauen in ihrem Beitrag "Geschlecht als 'tacer' am Beispiel der im 18. Jh. lebenden Astronomen-Familie Winckelmann-Kirch hin.

Gertrude Langer-Ostrawsky widmet sich in "die Bildung, dem Beruf und das Leben" am Beispiel des Wiener Civil-Mädchen-Pensionats der Zeit zwischen 1786 und 1803.  Sie griff dabei auf eine besonders reich sprudelnde Quelle zurück. Kaiser Franz forderte nämlich von der Leitung des Pensionates eine Evaluierung über die Schülerinnen und ihre Karriere.

Die erste Promotion einer Frau thematisiert Annette Fulda ausgesprochen aufschlussreich in ihrem Artikel "Gelehrtes Wissen, ärztliche Praxis und akademische Promotion Dorthea Christiana Erxlebens (1715-1762)" vor.

Katherine R. Goodman nimmt sich in "Learning and Guildwork" des familiären Kontexts an und nähert sich der wissenschaftlich tätigen Frau über die "Gehülfin" Luise Gottsched (1713-1762).

Hinter dem Titel "Theologische Gelehrsamkeit versus innere Erfahrung" von Gisela Mettele verbirgt sich die narrativen theologische Rolle der Herrnhuterinnen. Bei näherer Betrachtung ein wesentlicher Wissenstyp mit langer Tradition, der durch Mettele gut dargelegt sowie entsprechend gewürdigt wird.

Cornelia Niekus Moore behandelt in "Dichterinnen und Gelehrtenpoesie "Aspekte in der Beurteilung von weiblichen Werken gegenüber jener fest etablierter Männer des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Selbsteinschätzung der dichtenden Frauen in Bezug auf ihre Gelehrsamkeit und die Außensicht auf diese Frauen ist fesselnd und wirft oft genug die Frage auf, in wie weit sich die Sichtweisen heute - egal von innen oder außen - geändert haben.

Gleich nachfolgend setzt sich Karin Schmidt-Kohberg mit der "Repräsentation von gelehrten Frauen in 'Frauen-zimmer-Lexika' des 17. und 18. Jahrhunderts" auseinander. Diese Kurzbiographien über berühmte bzw. gelehrte Frauen knüpfen an eine weit zurückreichende Tradition und erweisen sich in der Analyse als reiche Fundgrube, der mehr Beachtung zuteil werden sollte.

"Die weise Herrscherin" von Jutta Schwarzkopf widmet sich der Gelehrsamkeit als Legitimation weiblicher Herrschaft am Beispiel Elisabeth I. von England (1558-1603). Packend wird beschrieben wie Elisabeth rhetorisch brillant Klippen auf ihrem Kurs umschiffte und zugleich in ihrer Selbstdarstellung geschlechtsspezifische Klischees zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen.

Elena Taddei zeigt in "Bildung als Beruf, Bildung für den Beruf: Die Kurtisane als 'gebildete' Frau" die Möglichkeit durch Bildung quasi zur Ehrbarkeit zu gelangen auf. Frauen, die nicht reich genug für Ehe oder Kloster waren, verdingten sich vielfach als Prostituierte. Der hochinteressante Abriss des komplexen Themas lässt Lesende sicher nicht so schnell los.

Eva Cescutti  analysiert in "...und warum Charitas Pirckheimer doch lateinisch geschrieben hat" die Lateinkompetenz der Äbtissin und deren Bedeutung.

"Gelehrte Frauen im islamischen Spätmittelalter" schließt den Band und steht zugleich chronologisch am Anfang. Renate Jacobi zeichnet ein realistisches Bild von gelehrten Frauen von Mitte des 13. bis Ende des 15. Jahrhunderts, die Zugang zur Bildung erhielten, Lehrende waren und deren Arbeit gewürdigt wurde. Eine hohe Akzeptanz gegenüber Frauen, die nicht mit Gleichberechtigung verwechselt werden darf, da sie keine Konkurrenz zu den männlichen Macht- und Geldansprüche darstellten.

© S. Strohschneider-Laue

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