Ebensolch Rez-E-zine
13/04
Non-Fiction
Buch
Uwe A. Oster (Hg.)
Die großen Kathedralen. Gotische Baukunst in Europa
Primus 2003, 176 S. 101 farb. Abb und Strichzeichnungen.
€ 29,90
ISBN 3 89678 240 1
Rezension
Anmutig streben sie gen Himmel und lassen durch ihre Größe die sie umgebenden Häuser wie Zwerge erscheinen. Die Rede ist nicht von Wolkenkratzern des 20. Jahrhunderts sondern von gotischen Kathedralen. Diese beeindruckenden Zeugnisse christlichen Glaubens haben auch heute noch die Kraft Menschen zu bewegen: Wenn nicht aus religiösen Gründen, dann wegen ihrer faszinierenden Geschichte, ihrer Schönheit oder schlichtweg wegen ihrer Dimensionen, die uns zum Staunen ob der technischen Meisterleistung bringen. Als "cultural heritage" sind gotische Kathedralen aus vielen europäischen Städten nicht mehr wegzudenken. Dienten sie früher gläubigen Pilgern als Ziel, gelten sie heute neben Museen und Schlössern als Höhepunkte von Kulturreisen. Die jahrhundertelange Geringschätzung, die der gotischen Baukunst widerfuhr, ist endgültig überwunden.
Die Wurzeln des gotischen Stils sind im Frankreich des 12. Jahrhunderts zu suchen. Ab der zweiten Jahrhunderthälfte boten sich hier die für das Entstehen großer Neubauten von Kathedralen notwendigen, günstigen Bedingungen. Dazu zählen die gemeinsame Machtpolitik von Kirche und wieder erstarkendem Königtum genauso wie der durch eine verbesserte Landwirtschaft, dem Aufblühen von Handel und Gewerbe in den Städten und dem Ausbleiben von Hungersnöten und Seuchen bedingten wirtschaftlichen Aufschwung. Die Auftraggeber der gotischen Kathedralen machten sich diesen Wandel und den Fortschritt in der Bautechnik zu Nutzen, um ihren religiösen Ideen neuen Ausdruck zu verleihen. Die Neubauten sind von einem geometrischen Ordnungssystem bestimmt, das als Ausdruck des Göttlichen verstanden wird. Wer durch das Portal der Kirche schreitet, geht durch die Himmelstür. Im Inneren der Kathedralen verschmelzen Langhaus, Querhaus und Chor zu einem einheitlichen Raum, der von dem durch die bunt verglasten Maßwerkfenster dringendem Licht in mystische Helligkeit getaucht ist. Am Außenbau nehmen Strebebögen und -pfeiler die Last der Konstruktion auf, gliedern das Bauvolumen und vermitteln gemeinsam mit dem in die Höhe strebenden architektonischen Schmuck schon von weitem den Eindruck der Schwerelosigkeit.
Uwe A. Oster und sein Autorenteam stellen fünfzehn herausragende gotische Kathedralen aus Frankreich, Deutschland, Österreich, Tschechien, England, Italien und Spanien vor: Die Kathedralen von Chartres, Bourges, Reims und Notre-Dame in Paris, das Straßburger Münster, den Kölner Dom, das Freiburger Münster, den Regensburger Dom, den Wiener Stephansdom, den Veitsdom in Prag, die Kathedralen von Canterbury, Lincoln und Salisbury, den Mailänder Dom und die Kathedrale von Toledo.
Jedes der Porträts weist dieselbe Gliederung des Textes in Baugeschichte, Rundgang und Bedeutung auf. Zusätzliche Informationen zu Geschichte, Architekturdetails, Ausstattung oder mit der Kathedrale verbundenen Personen werden in Textkästen dargeboten. Zahlreiche Fotos der Außen- und Innenansichten der Kathedralen sowie interessanter Details, z. B. Glasfenster und Figurenschmuck, illustrieren die Beiträge. Die ebenfalls abgebildeten Grundrisse erleichtern den Vergleich der Bauten.
Am Ende des Buches findet sich ein praktisches Glossar, das in Wort und Bild die wichtigsten Fachausdrücke erläutert. Weiterführende Publikationen zu jeder Kathedrale sind in einem Literaturverzeichnis aufgelistet.
"Die großen Kathedralen" bietet eine gute Einführung für an gotischer Baukunst Interessierte. Jenen, die eine Reise zu einer oder mehreren der Kathedralen planen, wird das Buch als Einstimmung und Vorbereitung gute Dienste leisten. Last but not least ist es eine für angehende Studenten der Kunstgeschichte nützliche Zusammenstellung der wichtigsten Informationen zu fünfzehn der großartigsten gotischen Kathedralen Europas.
© Ch. Ranseder
Essenz
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Die großen Kathedralen. Gotische...
