Ebensolch Rez-E-zine

 17/05

 
 

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Petra Bonavita

Bombenapplaus. Das Leben der Nanny Becker

Ulrike Helmer 2005, 176 S, zahlr. Abb.

€ 16,95

ISBN 3 89741 173 3

Rezension

Bombenapplaus lautet der treffend doppelbödige Titel der bewegenden Lebensgeschichte von  Nanny Becker. Die Karriere war es nicht, die die Sängerin 1939 aus Frankfurt in die Schweiz brachte. Die Fechenheimerin kam erst 1954 wieder zurück nach Deutschland. In diesen Jahren liegen  Entbehrung und Erfolg dicht beieinander, denn das Leben in der - unrühmlichen - Schweiz war problematisch und härter als allgemein bekannt. Nanny Becker verbindet mit der ihrer Familie, die eine Gärtnerei betreiben, lange Zeit nur Briefe, die ihre Mutter in tiefen Bombennächten schreibt. Sie geben erschütterndes Zeugnis von den Ängsten, Nöten und Entbehrungen, die die Zivilbevölkerung in den langen Kriegsjahren erdulden musste. Die Nahrung wurde knapp, die Gesundheit schwand, die Menschen starben wie die Fliegen und es mangelte immer wieder an Saatgut, um die Gärtnerei und somit die Versorgung der Menschen aufrecht erhalten zu können. Die Briefe, die immer um die gleichen Ängste kreisen, kamen teils von der Zensur geschwärzt und manche gar nicht an. Nanny schickte im Gegenzug, wenn es ihr Geldbeutel erlaubte, Pakete mit Kaffee, Medikamente und Verbandsstoff nach Fechenheim. Nicht alles ist angekommen, manches ging gemeinsam mit unzähligen Menschen und Gebäuden im Bombenhagel über Frankfurt unter. Inzwischen wirbelte Nanny Becker über Schweizer Bühnen, nähte ihrer Kleider selbst und hoffte nicht ausgewiesen zu werden. Nanny Becker führt nach ihrer Rückkehr nach Frankfurt ihr Gesangkarriere weiter. Sie beendet diese erst Ende der 50er Jahre mit der Übernahme des "20 Uhr Club". Den Club führt sie während der 60er Jahre erfolgreich. Anschließend ist sie 20 Jahre glücklich in Amerika verheiratet - bis zu ihrer Scheidung 1999. Jetzt ist Nanny Becker endgültig nach Frankfurt heimgekehrt.

Petra Bonavita erweist sich als exzellente Zuhörerin, da sie auch Zwischentöne wahrnimmt. Im Schreiben schafft sie es hingegen, die Lebhaftigkeit der über neunzig Jahre jungen Nanny Becker-Butts einzufangen. Es gelingt ihr überdies aus einer deutlichen Überfülle von Material, bewegende private Momente und zeitgeschichtlich Relevantes in ein optimales Verhältnis zu bringen. Entstanden ist dabei ein wertvolles Zeitdokument, das sich auch für jüngere LeserInnen bestens eignet. Das Buch ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite zu lesen - und nicht nur weil meine Mutter aus Fechenheim stammt und ihre Kindheits-Erinnerungen an Evakuierung, Bombennächte, Entbehrungen, Wiederaufbau sowie an die Stimme von Nanny Becker das Buch ergänzen.

© S. Strohschneider-Laue

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