Ebensolch Rez-E-zine

 18/05

 
 

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Patric Fouad

frauenzimmer. Bordelle in Deutschland/Brothels in Germany

frauenzimmer Bordelle in Deutschland

Kehrer 2004, dt, engl., zahlr. Farbabb., 120 S.

44,00, USD 48,00

ISBN 3 936 636 23 0

Rezension

Frauenarbeitsplätze, die auch - oder eigentlich "vor allem" - Männer interessieren. In elf Freudenhäusern fotografierte Patric Fouad die Arbeitsräume, während Beiträge von Lilo Wanders, Tristan Taormino, Tobias Morchner den Band textlich abrunden.

Trotz der Absenz der weiblichen Nutzerinnen erscheinen die Räume nicht leer, sondern zeigen viel menschliche Präsenz sowohl von Anbieterinnen als auch von Kunden. Vom durchgestylten Verkaufsraum für exotische Träume, über ebenso luxuriöse wie unpersönliche Hotelzimmer bis zum mit Postern und Nippes aufgeputzten Jugendzimmer ist alles - in diversen Qualitätsabstufungen - vertreten. Einrichtungsgegenstände mit Versandhauscharme, hübsche Massenprodukt der Kiefernholzmöbelindustrie, Spotlights aus dem Büroprogramm sind ebenso dabei wie die zu erwartenden Anteile an Plüsch, Spiegel und Lichterketten. Natürlich gibt es auch die mit barocker Opulenz oder nüchterner Sachlichkeit auf exklusiven Niveau ausgestatteten Lustkammern. Es ist aber zuweilen die Mixtur, die einzelne Etablissements die Grenze zur Lächerlichkeit überschreiten lässt. Im schwarz und rot gehaltenen SM-Stil ist ein blau gemusterter Bettvorleger aus dem Küchenkatalog ein unnötiger Stilbruch. Das Anhäufen von persönlichen Nippes zeigt vielfach das Bestreben den Arbeitsplatz für sich selbst und nicht für den Kunden anheimelnder zu gestalten. Wie beim Schlachter - grüne Blätter unterstrichen das Rot des Fleisches - werden in allen Winkeln Blumengirlanden und Gestecke aus Plastik drapiert. Braun gekachelte Böden, winzige Dachkammern, Bauernhofmöbel in Plüschkabinetten, abgenutzte Flohmarktware, imperiale Ausstattungen mit goldenem Teddybärenpolster wirken eher deprimierend, beengend oder komisch aber kaum je erotisch. Aber das kann durchaus der weibliche Blick auf die Einrichtungen sein. Der männliche Blick wird wohl im Raum automatisch die Frau - auch wenn sie nicht anwesend ist - in den Mittelpunkt stellen und nicht das Ambiente.

Die Fotos machen in jeden Fall Erstaunliches deutlich; unter anderem, dass auch hier ganz marktwirtschaftlich die Verpackung (Bettgröße und Design) den Preis für die Ware (Sex) bestimmen. Dass so deutliche Hinweise auf Zielgruppe, Kundenbindung und Laufkundschaft erkennbar werden, überrascht. Vieles erweckt den Eindruck - sämtliche Utensilien in sichtbarer Griffweite - den Kundenaufenthalt, ganz im Sinne der Umsatzsteigerung, kurz und effektiv zu halten. Aber damit wird auch deutlich, dass sich dieses Gewerbe von keinem anderen unterscheidet.

Einer der spannendsten Fotobände, der letzten Jahre und das nicht nur wegen des ungewöhnlichen Blickes auf Bordellkulissen. Diese Fotos werfen Fragen auf und das können nur die besten Fotografen von sich behaupten.

© S. Strohschneider-Laue

© 2003 Strohschneider-Laue Essenz

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