Ebensolch Rez-E-zine

 21/06

 
 

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Joohyun Lee

Den Himmel in der Pinselspitze. Chinesische Malerei des 20. Jahrhunderts im Museum für Ostasiatische Kunst Köln

Kehrer 2005,

96 S., zahlr. Farbbabb.

€ 19,80

ISBN 3 936636 58 3

Rezension

Kraftvoll und dynamisch ragen die schroffen Felsen des Gebirges in Liu Guosongs "Schneelandschaft" empor. Dennoch wirken sie fast schwerelos. Die mit nuancenreicher Farbigkeit wiedergegebenen Schneeflächen ädern das Blatt Papier wie Eisblumen. Es ist ein Werk von nahezu hypnotischer Schönheit und expressiver Dynamik, in dem sich Stilmerkmale der traditionellen chinesischen Bildauffassung und des westlichen Abstrakten Expressionismus harmonisch vereinen.

Das Buch "Den Himmel in der Pinselspitze" stellt 32 Arbeiten chinesischer Künstler vor, die aus den Beständen des Museum für Ostasiatische Kunst Köln ausgewählt und vom 30. April 2005 bis zum 25. September 2005 in einer Ausstellung präsentiert wurden. Das älteste der gezeigten Werke, ein aus sechs Blättern bestehendes Album mit Literatenfiguren von Ren Bonian, stammt aus dem Jahr 1887. Obwohl bereits zu dieser Zeit die westliche Malerei in China gelehrt wurde, ist es dieser auch im Verlauf des 20. Jahrhunderts nicht gelungen, den ostasiatischen Stil zu verdrängen. Ganz im Gegenteil, die beiden Kunstauffassungen koexistieren und beeinflussen sich gegenseitig. Die in der Manier der traditionellen chinesischen Malerei arbeitenden Künstler erschaffen mit virtuos geführtem Pinsel, ein wenig Tusche und Mineralfarbe auf einfachem Papier emotional tief berührende Abbilder von Blumen, Landschaften, Tieren und Menschen. Das jüngste Beispiel des Katalogs aus dem Jahr 1995, "Mystischer Bergpass" von Qu Guliang - ein herrliches Bild - zeigt wie vital die traditionellen Prinzipien folgende chinesische Malerei noch immer ist.

Wie in ihrem westlichen Gegenstück, kam es auch in der chinesischen Malerei zur Herausbildung unterschiedlicher Schulen, die regionale kulturelle Gegebenheiten spiegeln. Joohyun Lee macht mit der Entwicklung und den Stilmerkmalen der Schulen von Shanghai, Lingnan und Bejing vertraut und stellt ihre wichtigsten Protagonisten vor. Jeweils ein eigenes Kapitel ist den individuellen Malern und den Künstlern der Gegenwart gewidmet.

Indem sie ein ganzheitliches Bild zeichnet, führt die Autorin westlichen Kunstbetrachter in einen fremden Kulturkreis ein und erschließt diesen damit eine neue Welt. Wie eine roter Faden ziehen sich die Lebenswege der Maler und Malerinnen verbunden mit der politischen Geschichte Chinas durch das Buch, geschickt vernetzt mit Erläuterungen zu den Grundlagen des chinesischen Kunstverständnisses und der Wertschätzung, die der Natur entgegen gebracht wird. Diese Komplexität macht den schmalen Band zur faszinierenden Lektüre und beweist, dass ein Ausstellungskatalog nicht 600 Seiten haben sein muss, um zu fesseln.

"Den Himmel in der Pinselspitze. Chinesische Malerei des 20. Jahrhunderts im Museum für Ostasiatische Kunst Köln" ist eine überaus durchdachte Publikation, der es an nichts fehlt. Die hohe Qualität der Bilder, sowohl in ästhetischer als auch in drucktechnischer Hinsicht, macht das Buch zu einem Augenschmaus mit einem Hauch von Exotik und fernöstlichem Charme. Joohyun Lee und Adele Schlombs gelingt es vorbildlich, eine enorme Menge an Informationen in klar strukturierten Texten unterzubringen und dabei auch noch spannend zu schreiben. Eine Landkarte mit Provinzen und Provinzhauptstädten sowie eine Zeittafel ermöglichen die geographische und zeitliche Orientierung. Eine ausführliche Bibliographie und ein zweisprachiger Index runden das auch attraktiv gestaltete Buch ab. Da bleibt nur noch ein Wunsch offen: Bitte mehr davon!

© Ch. Ranseder 16.01.2006

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