Ebensolch Rez-E-zine

 26/06

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Axel Brüggemann

Wagners Welt oder Wie Deutschland zur Oper wurde.

Wagners Welt

Bärenreiter 2006, 190 S.

€ 19,95, CHF 35,90

ISBN 3 7618 1839 8

Rezension

Der als Musikkritiker und Journalist für verschiedene Medien tätige Autor liefert mit diesem Werk eine erfrischend moderne und unterhaltsame Aufarbeitung des Wagnermythos für heute und die Zukunft ab. Ein Buch, das in unsere schnelllebige Gesellschaft so gut passt, wie das allgegenwärtige Handy in die Hosentasche. Der eigentlich nicht immer so einfach zugängliche Inhalt ist plakativ und leicht verständlich dargestellt, ebenso locker wie spannend geschrieben und regt daher zum ständigen Weiterlesen an.

Leben und Werk Richard Wagners stellt auch heute noch ein Thema dar, bei dem die Meinungen von Menschen - selbst im gleichen Haushalt - extrem auseinander gehen können. Wagner polarisiert oft stark in die positive oder negative Richtung, ein objektives Herangehen an die Materie ist daher fast unmöglich.

Axel Brüggemann schildert, beginnend mit der Wiederaufnahme der Bayreuther Festspiele 1951, die wechselnde Bedeutung der Festspiele im Besonderen und das Schaffen des Künstlers im Allgemeinen von den Anfängen bis zur Gegenwart. Besonders fesselnd werden die Ursachen der in Wagners Werken immer wieder auftretenden Suche nach dem leiblichen und geistigen Vater dargelegt. Nachfolgend wird man mit ersten kindlichen künstlerischen Gehversuchen konfrontiert. Nachdem die ersten Jugendwerke (Die Feen, Das Liebesverbot und Rienzi) nicht so wie vom Künstler erwartet erfolgreich waren, sammelte Wagner Unmengen von Schulden an, die ihn mehrfach zu fluchtartigen Ortswechseln zwangen. Eine Gemeinsamkeit mit seinem Musikkollegen Mozart stellte das Verfassen von Bettelbriefen an potentielle Geldgeber dar. So gleichen einander Künstlerschicksale – übrigens durch alle Kunstsparten - durch die Jahrhunderte bis in die Gegenwart. Auf einer turbulenten Seereise von Königsberg nach London gebar Wagner die Idee zu seiner ersten erfolgreichen Oper „Der fliegende Holländer“. Sein wenig erfolgreicher Parisaufenthalt half ihm zwar Ideen für die nächsten Jahre zu sammeln, führte aber auch durch den Kontakt mit Giacomo Meyerbeer zu offenem Antisemitismus. Zurück in Deutschland organisierte Wagner 1849 in Dresden den Barrikadenkampf, nach dessen Scheitern der Künstler als Revolutionär verurteilt und gesucht wurde. Ein mehrjähriger Aufenthalt in der Schweiz folgte. Erstaunlich in welchem Ausmaß Wagners Werke durch seine Musen beeinflusst wurden und wie ihm seine Frau Cosima schon zu Lebzeiten ein Denkmal setzte. Bezeichnend, dass die ersten deutschen Bundeskanzler, die nach dem zweiten Weltkrieg die Bayreuther Festspiele mit ihrer Anwesenheit beehrten, Gerhard Schröder und Angela Merkel waren. Offensichtlich hatten alle anderen Kanzler vorher einen Besuch an dieser Stätte nicht für klug gehalten, wenn man an die massive Vereinnahmung von Wagners Werken durch den Nationalsozialismus denkt.

Axel Brüggemann versteht es in seinem Abriss, aus seiner subjektiven Sicht möglichst viele Facetten des Musikgenies und Autodidakten zu beleuchten und offen zu legen, damit wird das Büchlein für Wagnerianer und Wagnerhasser zum Brevier. Die kritische Auseinandersetzung mit Wagner und dessen Schaffen hat durch "Wagners Welt oder Wie Deutschland zur Oper wurde" eine neue Dimension erfahren, an der man nicht vorbeikommt.

© R. Strohschneider 15. August 2006

© 2003 Strohschneider-Laue Essenz

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