Ebensolch Rez-E-zine29+30/06 |
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Non-Fiction Buch Robert Klanten, Nicolas Bourquin, Claudia Mareis (Hgg.) Altitude. Contemporary Swiss Graphic Design
Die Gestalten 2006, Dt./Engl./Fr., Broschur im Schuber, 240 S., zahlr. Farbabb. € 50,00 / $ 69,00 / £ 35,00 ISBN 3 89955 160 5 |
Rezension Spätestens seit dem Swiss Style der 1950er Jahre ist die Schweiz bekannt für hochwertiges, innovatives Grafikdesign. Die Vorliebe für typographische Lösungen und strenge Raster lässt sich auch bei den in "Altitude. Contemporary Swiss Graphic Design" versammelten Arbeiten nicht leugnen. Die Tradition entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch nicht als historisches Korsett, sondern als Basis mit der gespielt werden darf. Das Buch erweckt den Eindruck, dass das Individuum über großen kreativen Gestaltungsfreiraum verfügt, Experimente und interdisziplinäre Arbeitsweisen als Chancen zur Weiterentwicklung begriffen werden. Eine eigene Handschrift zu haben, Persönlichkeit zu entwickeln, ist offensichtlich erlaubt. Das zeugt von Selbstbewusstsein und Aufgeschlossenheit. Es scheint nicht alles über einen Kamm geschoren und dem Diktat des Kommerzes untergeordnet zu werden. Die Schweizer Grafik darf Ecken und Kanten haben, wenn diese der Kommunikation von Inhalten dienen. Dementsprechend dominiert die Vielfalt. Straff strukturierte, übersichtliche, zuweilen kühl wirkende Werke stehen Seite an Seite mit Arbeiten, die improvisiert, handgemacht, intuitiv und gelegentlich ein wenig kindlich erscheinen. Und ganz ohne Retro-Chic geht es auch hier nicht. "Altitude" ist daher wie eine frische Gebirgsbrise im Blätterwald der Designpublikationen. Das ebenso originell wie edel gestaltete Buch überrascht, stimuliert und erfreut sowohl das Auge als auch den Geist. Das liegt zum einen an der sorgfältigen Auswahl der Arbeiten zeitgenössischer Schweizer Grafikerinnen und Grafiker, zum anderen am dahinter stehenden anspruchsvollen Buchkonzept. Anstatt den in Sammelwerken üblichen, keiner weiteren Erklärung bedürfenden Kategorien zu folgen, wurden zur Gliederung der Materialfülle im interdisziplinären Arbeitsprozess begegnende Aspekte in den Vordergrund gestellt und so thematische Schwerpunkte gesetzt. Das theoretische Fundament dieser Betrachtungsweise bieten Texte, die in ihrer Analyse zeitgenössischer Positionen und Trends die veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen berücksichtigen. Der thematische Bogen spannt sich dabei von Strategien im Umgang mit Öffentlichkeit über die Gratwanderung zwischen Kunst und Grafikdesign bis zu Aspekten der Autorschaft. Aufhorchen lässt das Kapitel über die Verbindung von Design und Forschung, die es ermöglicht neue Wege in der visuellen Kommunikation komplexer, oft abstrakter, wissenschaftlicher Inhalte zu beschreiten. Noch etwas fällt beim Blättern in "Altitude" auf: Aalglatte, durchgestylte Werbeauftritte international bekannter Marken der Luxus- und Konsumgüterindustrie sucht man in diesem Buch vergeblich. Stattdessen entpuppen sich, wie schon so oft in der Geschichte, neben den Ausbildungsstätten, die Kunst-, Kultur- und Musikszene sowie eine Experimenten aufgeschlossen gegenüber stehende Verlagslandschaft als Labor der Avantgarde. Nicht zuletzt können neue Positionen und Trends erst sichtbar gemacht werden, wenn seitens der Herausgeber einer Publikation wie "Altitude" der Mut vorhanden ist, Arbeiten von jungen GrafikdesignerInnen zu präsentieren. Nach dem 1999 erschienenen Buch "Swiss Graphic Design" setzt der Gestalten-Verlag mit "Altitude. Contemporary Swiss Graphic Design" neuerlich einen Meilenstein in der Dokumentation des Status quo der Schweizer Grafik. © Ch. Ranseder 25. Oktober 2006 |
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Altitude. Contemporary Swiss Graphic Design
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