Ebensolch Rez-E-zine

 31+32/06

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Michael Brackmann

Kuh Kunst Führer

Kuh Kunst Führer

Landwirtschaftsverlag 2006, 116 S., zahlr. Abb.

€ 24,95

ISBN 3 7843 3389 3

Rezension

Für Gary Larson sind Kühe eigenartige komische Viehcher, Objekt des Spotts, denen man nichts anderes die spiegelnde Rolle pseudomenschlicher Karikatur zuweisen kann. Für mich hingegen muss ein Rind - möglichst blutig - in seinen magersten Teilen auf dem Teller liegen oder sekundär über die diversen Kuhmilch-Spezialitäten serviert werden.

Bei Michael Brackmann ist es eindeutig anders. Mit ebensoviel Liebe wie Sachkenntnis - schließlich ist der Autor Zoologe und Veterinär - vermittelt er gekonnt die besten Seiten des Rindes ohne es mehr oder minder denaturiert zu servieren.

Einem ebenso genussorientierten wie sachkundigen Vorwort folgt ein wunderbar ausgewählter Rinder-Bilderreigen, der in erster Linie zum Hinschauen anregen will. Ein Anliegen, dass vollauf gelingt. Hinschauen ist angesagt und die zuweilen recht pointierten Texte heben sich erfrischend kritisch von den schon fast standardisierten - und in weiten Teilen obsoleten -  Kunsttexten ab. Auftakt macht passend das mit "Kuh" betitelte Bild von Gerhard Richter zu dem Brackmann bemerkt, das heute die meisten "Kuh" von "Bulle" nicht unterscheiden können und es zu befürchten sei, dass in nicht allzu ferner Zukunft auch "Schwein" oder "Hirsch" dort stehen könnte ohne das es weiter auffiele.

Mein Prähistorikerherz erfreute seine Bemerkungen über altsteinzeitliche "Höhlenkühe". Gerne würde ich mich seiner Meinung zum "bunten Rassenkatalog auf Höhlenwänden" anschließen, wenn er mich nicht dadurch auf den Gedanken gebracht hätte, dass es sich dabei nicht doch eher um schicke "Trophäen" - es muss nicht immer nur das Horn sein -  handeln könnte. Schade, dass man diese Künstler nicht mehr fragen kann. Und das es vom Kuhmist zur Königsstandarte von Ur nur ein kleiner Schritt war, ist ein wahres Wort. Die nepalesischen Killerbullen mit ihren gefletschten Zähnen blassen trotz aller Farbenpracht gegen Albrecht Dürers Rindermaulstudien ab - die mich daran erinnert haben, dass ich in der letzten Rubens-Ausstellung dessen Rinderstudie so beeindruckend fand. Faszinierend was Kühe dem Auge so bieten können.

Die herrliche Auswahl führt quer durch die Zeit und durch alle Stilrichtungen, bekannte und weniger bekannte sowie gänzlich unbekannte Künstler verewigten Rinder in allen möglichen und unmöglichen Varianten. Zwischenkapitel informieren über allerlei Wissenswertes rund um das Rindvieh ohne bei der reinen Kunstbetrachtung zu verharren. Immerhin ist es doch erstaunlich, dass eine Kuh nicht nur Milch und Fleisch (sowie ggf. Arbeitskraft), sondern auch bis zu 50 Kg Dünger täglich produziert. Die Liste der Kuhleistungen ist lang und sie reicht bis in die Kunst.

Schon lange hat Ku(h)ltur nicht soviel Spaß gemacht.  Danke Herr Brackmann, dass Sie mich mit ihrem Wiederkäuerwahn erfolgreich angesteckt haben.

© S. Strohschneider-Laue 01. Dezember 2006

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