Ebensolch Rez-E-zine31+32/06 |
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Fiction Buch Dennis DiClaudio Der kleine Hypochonder
DVA 2006, 209 S. zahlr. Sw-Illustrationen. € 14,90 ISBN 3 421 05959 4 |
Rezension Das Lexikon der eingebildeten Krankheiten erweist sich als geschmackiges und anschaulich illustriertes Brevier für alle Gesundheits- und Krankheitslagen. Penibel werden 45 obskure Krankheiten thematisch von Autoimmunkrankheiten bis Virus- und Prionenerkrankungen und alphabetisch von Akromegalie bis Tollwut aufgelistet. Die bekannten, weniger bis völlig unbekannten Krankheiten werden in aller Kürze und vor allem Würze präsentiert, kommentiert sowie in ihren alltäglichen Auswirkungen gnadenlos auf den Punkt gebracht. Hier erfährt man alles das, was sich der Arzt - schon aus ethischen und in Folge aus juristischen Gründen - nicht zu sagen traut. Besonderen Gefallen fand ich persönlich an der Gynäkomastie - bei welcher Männern ein Busen sprießt. Männer in der begafften und womöglich empfindlich betatschten Position einer Frau zu sehen, ist ein richtiger Genuss. Die Schadenfreude ist quasi Entschädigung für allen von Frauen ertragenen brustbezogenen Unbill. Die böse Freude breitet sich genüsslich über die gesamte Seele aus und wirkt dort lange nach bevor Mitleid mit den Betroffenen keimt. Die Symptome (Berührungsempfindlichkeit der Brüste bzw. die in C-Körbchengröße sprießenden Brüste selbst) sind eindeutig - was bei Krankheiten nicht immer selbstverständlich ist. Die von DiClaudio dazu zusammengestellten Fakten rund um Diagnose, Prognose und Prävention sind getragen von einer großen Portion - männlicher - Häme. Das jeden Eintrag abschließende grau unterlegte "Übrigens..." setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Hier wird recht wirtschaftlich darauf hingewiesen, dass eine Brustvergrößerung sehr teuer ist und man sich zumindest überlegen sollte, was man durch die Gynäkomastie spart. Man sollte das Brevier nicht als Krankenhausmitbringsel verwenden, es nicht an Ärzten verschenken - es sei denn man weiß wie es um ihren Humor bestellt ist - und es, ganz im Sinne von Paracelsus, selbst nur in kleinen Dosen genießen. Auf diese Art und Weise verängstigt man den lieben Kranken nicht und man selbst genießt länger die Würze der Krankheitsbeschreibungen, die sich am Abgrund von Tatsachen-Horror und kruden Humor bewegen. Nach der Lektüre wird jedenfalls nichts sein wie zuvor, denn mit der seligen Unwissenheit ist es danach garantiert vorbei. Dass dieses Buch zuerst in den USA erschienen ist, ist schon am Vorspann zu bemerken. Denn dezidiert wird darauf hingewiesen, dass es sich hier um ein humoristisches Buch und nicht um ein medizinisches Nachschlagewerk handelt. Vorbeugen gegen Klagen ist somit überlebenswichtige Prophylaxe für Autoren - inzwischen auch auf unserem Kontinent. Gynäkomastie-Prophylaxe für männliche Potraucher ist hingegen das Potrauchen einzustellen und stattdessen meiner Empfehlung zu folgen und mit dem "Kleinen Hypochonder" anzufangen. Ein Coffeetablebook im handlichen Pocketformat. © S. Strohschneider-Laue 01. Dezember 2006 |
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Der kleine Hypochonder. Lexikon der eingebildeten Krankheiten
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