Ebensolch Rez-E-zine

 33+34/07

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Sibylle Plogstedt

Frauenbetriebe

Frauenbetriebe. Vom Kollektiv zum Einzelunternehmen

Ulrike Helmer 2006, 231 S.

€ 19,90

ISBN  3 89741 196 2

 

Rezension

Vom Frauenkollektiv der 70er bis zur One-Woman-Ich-AG der Gegenwart spannt sich der Bogen. Ideale, Strategien, Erfolge und Misserfolge spiegeln sich in den Interviews, die Sibylle Plogstedt mit 14 Interviewpartnerinnen führte. Interviews, die heute nicht mehr so selbstverständlich gewährt werden wie zu Beginn der Frauenkollektive. "Time ist Money" hat sich in den von der Frauenbewegung motivierten Unternehmen im gleichen Maße durchgesetzt wie die Vorsicht ehemaligen oder noch bestehenden Frauenstrukturen zu schaden.

Die Interviews galten den persönlichen Daten der Gesprächspartnerinnen ebenso, wie dem Sammeln allgemeiner Informationen sowie persönlicher Erfahrungen mit alternativen Frauenprojekten bezüglich Arbeitgeberin/Arbeitnehmerin-Strukturen. Ein weiterer Block thematisierte das weite Feld der Krisen- und deren Bewältigung. Die Entwicklung seit den 1970ern der die im Kollektiv gelebten Theorien zur projektbezogenen Professionalität sowie die Unterschiede zu den heutigen Modellen wurde ebenfalls hinterfragt.

Eine überaus spannende Betrachtung der Frauenbewegung und ihre Krisen erschließt sich aus den exzellent im vergleichenden Zusammenhang gebrachten und bewerteten Informationen. Inhaltliche Bindung an und Identifikation mit der Arbeit kennzeichnet die Frauen in Frauenbetrieben. Flache bzw. fehlende Hierarchien sowie feministische Wertevorstellungen führten zu Tabus, die sich mittel- und langfristig als derselbe Hemmschuh wie die (zu Recht) abgelehnten bürgerlichen Wertevorstellungen entpuppte. Eine gewisse Entfremdung zur Frauenbewegung wird in den diversen Krisen und Bewältigungsversuchen deutlich. Auf der Suche von Nachfolgerinnen müssen sich vor allem Frauen der ersten Stunde der Tatsache stellen, dass der ideelle Wert ihres Unternehmens nicht abgelöst werden wird und nicht mit dem tatsächlichen materiellen Wert in Einklang zu bringen sein wird.

Zu verkennen ist bei allen (Miss-)Erfolgen nicht, dass die Frauen, die in den Kollektiven der 70ern arbeiteten, Neues gewagt haben, auch wenn sich ihren eigenen Machtpotenzialen nicht immer gestellt haben. Frauen, die das nicht getan haben, verdanken ihnen viel und wir sollten das Erreichte nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

Keine einfache aber ungemein spannende Lektüre auf die man sich auch abseits soziologischer oder zeitgeschichtlicher Betrachtungen sogar als wissenschaftlich uninteressierte Leserin einlassen sollte. Der Fragenkatalog, die Liste der Interviewpartnerinnen, der Frauenprojekte sowie ein gut sortiertes Literaturverzeichnis runden die Publikation ab.

Ein Meilenstein in der Bewertung der Frauenbewegung!

© S. Strohschneider-Laue 12. Januar 2007

© 2003 Strohschneider-Laue Essenz

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