Ebensolch Rez-E-zine

Jim Heimann (Hg.), Steven Heller

Shop America. Midcentury Storefront Design 1938-1950

Taschen 2007, Engl./Dt./Fr., 246 S., zahlr. Farbabb.

€ 39,99^*

ISBN 978 3 8228 4269 0

Ob Einkaufen Spaß macht oder zur Qual wird, hängt nicht nur vom Warenangebot ab. Die Entscheidung zum Konsum wird von der Geschäftsarchitektur und -einrichtung mitbestimmt. Das ist keine neue Erkenntnis. Angeregt vom Einfallsreichtum und Schick europäischen Auslagendesigns, hatte sich Mitte des 20. Jahrhunderts die Ladenfront auch in den Konzepten der amerikanischen Marketing-Strategen als ernst zu nehmende Gestaltungsaufgabe etabliert. "Shop America. Midcentury Storefront Design 1938-1950", ein neuer Prachtband des Taschen Verlages, entführt in die glamouröse Parallelwelt der fiktiven Ladenparadiese. Glashersteller und Baufirmen, die Standardmodelle und Baukastensysteme für Ladenfronten entwickelten, präsentierten ihre Gestaltungsvorschläge in aufwändigen Katalogen und Broschüren. 96 derartige Entwürfe für den Einzelhandel, von der Bäckerei bis zum Schuhgeschäft, aus den Jahren 1938 bis 1950 sind in "Shop Amerika" versammelt.

Monumentalität und Transparenz prägte die Architektur der Geschäftsfassaden dieser Zeit. Es war eine Ästhetik der großen Geste, die sich durch Eleganz, Klarheit der Formen und den zurückhaltenden Einsatz von Schrift auszeichnete. Trotz wiederkehrender architektonischer Elemente wurde Individualität angestrebt und durch originelle Details auch erreicht. Der Einsatz von Glas war mehr als großzügig. Riesige Glasscheiben ließen den Übergang von Gehsteig zu Geschäftsinnenraum verschwimmen. Alles im Geschäft sollte sichtbar sein. In vielen Entwürfen sind die Auslagen zurückversetzt, damit "window-shopper" nicht den Fußgängerverkehr am Gehweg behinderten. Über ein Vestibül zu erreichende Eingänge lockten Kunden ins Geschäft, die hier als Konsumenten selbst zum Bestandteil der Inszenierung wurden.

Die für "Shop America. Midcentury Storefront Design 1938-1950" ausgewählten, von elegant gekleideten Staffagefiguren bevölkerten, Entwurfszeichnungen sind charmante Zeitdokumente. Die Fähigkeit zu bezaubern und zu inspirieren ist ihnen bis heute nicht abhanden gekommen. Wie Geschäftsfassaden der 30er und 40er Jahre in der Realität ausgesehen haben, belegen den einleitenden Essay begleitende, historische Schwarz-Weiß-Fotografien.

© Ch. Ranseder 10. März 2007