Ebensolch Rez-E-zine35+36/07 |
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Non-Fiction Buch Stafford Cliff, Gilles de Chabaneix Wie wir in der City wohnen
Christian Brandstätter 2007, 256 S., zahlr. Farbabb. € 29,90* ISBN 978 3 8503 3058 9 |
Rezension "Wie wir in der City wohnen" ist ein attraktiver Bildband, der sich darauf beschränkt, von der Vielfalt der Wohnformen in der Stadt einen kleinen Ausschnitt zu zeigen. Es ist ein Buch, das sich ganz der Schönheit verschrieben hat. Dabei kommt es mit beeindruckend wenig Text aus. Der Kitt, der diese Publikation thematisch zusammenhält, ist die städtische Architektur. Fotografien von Hausfassaden und Dachlandschaften, von Treppenhäusern und gemalte Botschaften tragenden Mauern leiten jedes Kapitel ein und lassen erahnen, wie viel es in Städten zum Thema Wohnen zu entdecken gibt. Für die Ewigkeit festgehaltene Blicke aus Wohnungsfenstern geben verführerische Aussichten preis. Egal ob Paris, London, Brüssel, Venedig, Amsterdam, Bombay, Istanbul, Barcelona, St. Petersburg, Prag, Sydney oder New York, die Bildauswahl fiel auf das Historische und Pittoreske. Wohnbauten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Zugegebenerweise nur selten Glanzleistungen der Architektur, spielen kaum eine Rolle. Panoramen der Stadtlandschaften von Los Angeles, Hongkong und Tokio lassen erahnen warum. Fast scheint es, als würden moderne Städte ihre Individualität, ihren Charakter und Charme einzig der historischen Bausubstanz vor 1900 verdanken. Dermaßen eingestimmt, können BetrachterInnen direkt in die Bilderflut der ausgewählten stilvollen Refugien tauchen. Der Weg dorthin bleibt undokumentiert. Auf Abbildungen von Portierslogen, Hausfluren, Haus- und Wohnungstüren, Türklopfern, Klingeln oder Gegensprechanlagen, die allesamt ebenfalls wichtiger und aufschlussreicher Bestandteil städtischen Wohnens sind, wird verzichtet. Den Löwenanteil von "Wie wir in der City wohnen" bestreiten hervorragende Fotos von hochwertigen privaten Wohnräumen. Fein säuberlich nach Raumfunktion (Wohnzimmer, Küchen, Esszimmer, Schlafzimmer, Badezimmer) präsentiert, erfreuen sie das Auge mit ihrer Ausstattung aus edlen Materialien sowie einer Mischung aus Designermöbeln, Antiquitäten, Kunst und Sammlerstücken. Von klaren Linien bestimmte moderne Lofts werden ebenso gezeigt wie mit Stuckdecken und Wandvertäfelungen opulent ausgestattete Appartements. Stimmungsvolle Bilder widmen sich Einzelaspekten und wohnlichen Details, von Treppen und Kaminen über Bibliotheken und Schreibtischen bis zu Blumenarrangements und der Präsentation von Kunstobjekten. Lässiger Chic und eine kosmopolitische Note einen diese Domizile trotz geographischer Distanz. Die großzügig bemessenen Räume - in einigen der abgebildeten Zimmer ließe sich mühelos eine Wiener Gemeindewohnung oder ein Londoner Studio unterbringen - sind Zeugnisse eines kultivierten gehobenen Lebensstils. Spätestens nach Genuss des ersten Buchdrittels stellt sich die Frage: Auf wen bezieht sich eigentlich das verallgemeinernde "wir" im Titel? "Wie wir in der City wohnen" bietet weder einen repräsentativen Querschnitt durch das qualitativ breit gefächerte Spektrum städtischen Wohnraumes noch durch die unzähligen - vom sozialen, wirtschaftlichen oder ethnischen Umfeld geprägten - Einrichtungsstile seiner Bewohner. Um dem Anspruch des "wir" gerecht zu werden, hätte es der Darstellung der Wohnverhältnisse unterschiedlicher Bevölkerungsschichten und Einkommensklassen, der Vielfalt und des Kontrasts bedurft. Darüber kann auch das, wie ein Nachgedanke erscheinende, letzte Kapitel "Stadtleben. Straßen, Märkte, Plätze", nicht hinwegtäuschen. Denn es erzählt weniger vom Wohnen als vom Leben in der Stadt, das ist ein feiner Unterschied. Doch was soll’s, eine Lifestyle-Publikation ist nun einmal keine soziologische Studie. "Wie wir in der City wohnen" befriedigt mit seinen wunderbaren, großformatigen Bildern die Lust am Schauen. Und mehr muss ein Coffeetable-Book auch nicht leisten. © Ch. Ranseder 01. April 2007 |
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