Ebensolch Rez-E-zine

 37+38/07

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Katharina Prager

"Ich bin nicht gone Hollywood!". Salka Viertel - ein Leben in Theater und Film

Salka Viertel

Braumüller 2007, 276 S., zahlr. Sw-Abb.

€ 24,90*

ISBN 978 3 7003 1592 6

Rezension

"Oh, Berthold, wenn es Dich so drängt Filme [in Europa] zu machen [...], tue es - ich will nur nicht unser Leben darauf einstellen. Nicht in den Zwang zu kommen dann immer wieder Filmen nachzujagen - und für mich wieder von vorne anfangen unter Deiner Flagge - als Deine Frau - nachdem ich gerade anfange unter unsagbaren Kämpfen und Schwierigkeiten mich durchzusetzen.", schreibt Salka Viertel im Frühjahr 1933 an ihren Mann. Sie ist gerade dabei in Hollywood als Drehbuchautorin für Greta-Garbo-Filme Fuß zu fassen. Mit Erfolg!

Katharina Prager rekonstruiert in ihrem akribisch recherchierten Buch "Ich bin nicht gone Hollywood" die Lebensgeschichte Salka Viertels und setzt diese in Beziehung zum kulturellen, sozialen und politischen Geschehen in Europa und Amerika. Sie füllt damit eine Lücke sowohl in der Frauen- und Film- als auch in der Garboforschung.

Salka Viertel (1889-1978) war eine starke Persönlichkeit, die mit großem Mut und sozialem Engagement ihren eigenen Weg ging. Schon als Mädchen träumt die in großbürgerlichen Verhältnissen in dem galizischen Städtchen Sambor heranwachsende Salomea Sarah Steuermann vom Theater. Ihr Berufswunsch geht in Erfüllung. Als Schauspielerin steht sie zwischen 1910 und 1927 auf zahlreichen Bühnen. Selbst ihre Heirat mit dem Regisseur Berthold Viertel und die Geburt von drei Kindern können sie nicht von der Arbeit abhalten. Ohne Beschäftigung hält es Salka Viertel nicht lange aus. Das zeigt sich auch in Hollywood, in das sie 1928 ein Engagement ihres Mannes führt. Für Berthold Viertel ist Hollywood ein Intermezzo, für Salka wird es zum neuen Lebensmittelpunkt. Zunächst arbeitslos, gelingt es ihr trotz kleinerer Rollen nicht als Schauspielerin in Hollywood Fuß zu fassen. Dennoch akklimatisiert sie sich schnell in der neuen Heimat. Ihr Haus wird zum Treffpunkt von Schriftstellern, Schauspielern, Musikern und Intellektuellen, später zunehmend auch zur Anlaufstelle für europäische Emigranten. Warmherzig und offen, erweist sich Salka Viertel als begnadete Gastgeberin. Ihre Freundschaft mit Greta Garbo und die Notwendigkeit Geld zu verdienen, bringen Salka dazu ihr schriftstellerisches Talent auszuloten. Sie beginnt Drehbücher für die Garbo zu schreiben, erkämpft sich bei MGM als Autorin einen Platz und wird zur Familienerhalterin. Darüber hinaus setzt sich die Unermüdliche für Flüchtlinge ein und engagiert sich in Screen Writers Guild sowie Anti-Nazi-League. In der McCarthy-Ära wird sie selbst zum Opfer. Der Möglichkeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen beraubt, entschließt sie sich schließlich nach Europa zurückzukehren und in der Schweiz niederzulassen.

Katharina Prager gelingt es, ein außerordentlich lebendiges Bild der vielseitig begabten Salka Viertel und ihres Umfeldes zu zeichnen. Indem sie den Erzählfluss der Biografie immer wieder unterbricht, um Salka Viertel selbst, Familienmitglieder und Freunde mittels Originalzitaten aus Briefen, Tagebüchern und Memoiren zu Wort kommen zu lassen, entsteht nach und nach das Bild einer Überlebenskünstlerin, die viel Zeit und Kraft dafür aufwandte ihr humanitäres Ideal umzusetzen. Wie ein roter Faden ziehen sich Zitate aus der rund 450 Briefe umfassenden, auch nach dem Scheitern der Ehe fortgeführten, Korrespondenz der Viertels, die Katharina Prager im Deutschen Literaturarchiv Marbach am Neckar ausfindig gemacht hat, durch das Buch. Es sind besondere Leckerbissen, denn die mit der Lebhaftigkeit eines guten Gesprächs zu Papier gebrachten, von der persönlichen Befindlichkeit bis zum politischen Geschehen reichenden Kommentare des Paares haben bis heute nichts an Unmittelbarkeit und Frische verloren.

"»Ich bin nicht gone Hollywood«. Salka Viertel - ein Leben in Theater und Film" setzt einer außergewöhnlichen Persönlichkeit und modernen Frau ein Denkmal. Die Publikation ist ein wertvoller Beitrag zu dem Bemühen, die Leistungen von Frauen sichtbar zu machen - sie gleichsam wieder in Geschichte und kollektives Bewusstsein hineinzuschreiben. Über den wissenschaftlichen Verdienst hinaus, ist es Katharina Prager gelungen ein von der ersten bis zur letzten Seite spannendes Buch zu verfassen. "Ich bin nicht gone Hollywood" ist ein ebenso informatives wie packendes Lesevergnügen.

© Ch. Ranseder 31. Mai 2007

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