Ebensolch Rez-E-zine

 11/04

 
 

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Bernd Kiefer, Marcus Stiglegger (Hgg.)

Pop & Kino

Umweltgeschichte der Erde

Bender 2004, 285 S., sw. Abb.

€ 14,90

ISBN 3-936497-06-0

Rezension

Kinofilme und Videoclips als Konserven für Starimages sind seit den späten 50er Jahren nicht mehr aus der Alltagskultur wegzudenken. Inszenierungen des Körpers, Ausdruck des Lebensgefühls über Musik wurde und wird seither filmisch konserviert, geschickt vermarktet und massenweise imitiert. "Pop & Kino" lässt dazu einiges wieder Auferstehen und ist die Pflichtlektüre schlechthin für alle, die am Puls der Zeit sind. Zwanzig Medienwissenschaftler haben das Phänomen genauer unter die Lupe genommen und Erstaunliches vorgelegt. Unglaublich was das Thema hergibt und noch immer birgt. Man kann trotz des beachtlichen Umfanges gar nicht genug davon lesen. Ein Buch, das Augen und Ohren öffnet und zur vertiefenden Auseinandersetzung anregt. Chronologisch gereiht, werden in den Beiträgen Schlaglichter auf Größen der Musikgeschichte, Stilrichtungen und die visuellen Ausdrucksformen geworfen. Erstaunliche Aspekte sind jedenfalls in jedem Beitrag zu finden. Eine absolutes Muss, für alle, die gerne "hörsehen" und zum Sezieren neigen.

Zum Einstieg verschafft Thomas Meder mit "May You Stay Forever Young" einen prägnanten Überblick über die musikgeschichtliche Entwicklung und der damit einhergehenden Veränderung der Körperlichkeit.

Stefanie Tauber schließt passend mit "E-Movies" an. Ihr gut geschriebener Beitrag zur Massenware Elvis Presley in Hollywood, wirft ein bezeichnendes Licht auf Marketingstrategien, die das "Produkt" bis ins letzte Detail typisieren und damit zum Bestseller in allen Bereichen machen.

Mit "Boys Just Want to Have Fun" legt Thomas Klein eine Analyse zu den Beatles im Film vor. Man muss kein eingefleischter Fan sein, um beim Lesen mit Vergnügen an die herrlichen Respektlosigkeiten der Filme erinnert zu werden.

Konzertfilme von Bob Dylan bis Neil Young unterziehen Bernhard Kiefer, einer der beiden Herausgeber, und Daniel Schössler unter dem Titel "Emotion Pictures" einer näheren Betrachtung. Musik zwischen dem "Fleischwolf" filmischer Mittel und neutraler Dokumentation. Eine faszinierende Betrachtung und gleichsam eine Einladung die Entwicklung selbst zu beobachten.

Gehaltvolle neun Anmerkungen zu Bob Dylans 'Renaldo & Clara' macht Norbert Grob in "And the Wind Began to Howl..."

Wie viel Wahrheit in "The Times They Are A-Changin'" steckt, zeigt Fabienne Liptay auf. Musical und Pop im Wandel geht der Frage nach wie tot das Musical angesichts von 'Hair' bis 'Dancer in the Dark' und von der Performance der Popikonen wie z. B. Madonna in 'Evita' wirklich ist.

Popstars in Filmen von Nicolas Roeg spürt Carsten Bergemann nach. "Jongleure im Spiegelkabinett" macht deutlich, was Zuseher möglicherweise randlich gespürt, aber nicht wirklich wahrgenommen haben.

Andreas Rauscher stellt in "Soul Searching und Sweet Baadass Songs" Blaxploitation und seine Folgen vor. Actionschwangeres, urbanes Konfliktkino mit Soulmusik übt doch mehr Reiz aus als beim ersten Wegschauen angenommen.

Rockmusik und Roadmovies sind in "Entfesselte Träume" Thema von Roman Mauer. Traum, Wirklichkeit und Entmythologisierung mit und gegen gesellschaftliche Befindlichkeiten zeichnen beredete Zeitbild.

Ein minutiöse Analyse des Punk selbst sowie seine Wirkung auf den Film legt Martin Büsser vor. Malcolm McLaren und die Sex Pistols sowie die Innen- und Außensicht geben ein bezeichnendes Zeitbild.

Die Kurzfilme von Richard Kern Manfred Riepe "New York Underground: Von Hardcore zu Artcore" nimmt sich im gewissen Sinne der Kunst der Privatinszenierung an.

Robert Plaß entführt mit "Raumklangbilder" die LeserInnen auf einen anregenden Trip durch die Welt von Pop und Science Fiction. Als eingefleischte SF- und Fantasy-Fanatikerin begann ich nach Lektüre des engagierten Artikels durch meine umfangreiche Video und DVD-Sammlung zu zappen und neu zu betrachten.

Pop-Ikone und Superheld "Batman" wurde von Arno Meteling unter die Lupe genommen. Im Vergleich zwischen Comic und Verfilmungen sowie den diversen Maskenspielereien blitzt immer wieder der Catwalk durch. Als ideale Leseergänzung sei dazu auch "Fantastische Filmkörper" in Body Extensions empfohlen.

"Milizen und Mirakel" ist eine ausgezeichnete Auseinandersetzung von Diedrich Diederichsen mit John Singletons Film 'Boyz n the Hood'. Sehr persönlich und daher auch fesselnd stellt er die Hintergründe vor. Dass sich allerdings durchaus noch politische Diskussionen über die Verhältnisse in den US anfachen lassen hat erst jüngst Michael Moore bewiesen.

Mit "Rock 'n' Roll Cinema" greift einer der beiden Herausgeber, Marcus Stiglegger, selbst zur Feder. Seinem Blick auf auf das Genre fasst er treffend in Erkenntnis der Entwicklung von "live fast" zu "live in eternity" in immer neuen Gewand zusammen.

"Du bist ein Dichter und kein Rockstar" von Jan Distelmeyer beleuchtet einmal mehr Jim Morrison. Oliver Stones 'The Doors' wird von ihm allerdings auch abseits der analytischen Perspektive beleuchtet.

Andreas Rauscher und Florian Gassmann "The Madonna Show" bietet Reflexionen des 'Sweet Shine'. Das Phänomen dieser Meisterin der semibiographischen Selbstinszenierung wird bis zu ihrer Inszenierung durch andere anlässlich der MTV Awards 2003 dargelegt.

Julia Müller-Diefenbach versteht es meisterhaft die "Anti-Körper" zu sezieren. Ihre Dekonstruktion der stereotypen Schönheitsideale im Videoclip machen mir wieder einmal verständlich, warum mich "subversive" Blickwinkel so ansprechen.

In "Disco, Dekadenz und Porno-Kings" zeigt Martin Lindwedel die Befindlichkeiten der Zeit anhand von gut gewählten Beispielen auf. Dabei berücksichtigt er pointiert die Realität.

Techno-Kultur im Kino widmet Oliver Kreutzer seinen Beitrag "Sometimes even a DJ can't save your live...". In guter Charakterisierung der Szene beschreibt er auch die Schwierigkeiten die Essenz des Techno, das reine Tanzerlebnis, einzufangen.

Unter dem Titel "Von der Bronx in die 8 Mile" fasst Andreas Rauscher mit spürbarem Engagement die jüngste Entwicklung, nämlich den  Hip-Hop im Film zusammen.

Eminem, Ice Cube und Queen Latifah lassen hoffentlich noch mehr von sich hören, aber auch gespannt bin ich auf die retrospektiven Blicke, die Filmemacher, Kritiker und Analytiker in den nächsten Jahrzehnten auf das Musikbiz von heute werfen werden. Mit anderen Worten: Ich hoffe, dass es weitere erstklassige Publikationen zum Thema folgen werden!

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