Ebensolch Rez-E-zine
15/05
Fiction
Buch
Karen Duve
Die entführte Prinzessin
Eichborn 2005, 397 S.
€ 24,90, CHF 44,90
ISBN 3 8218 0952 3
Rezension
Von Drachen, Liebe und anderen Ungeheuern lautet der Untertitel, der viel zu wenig verspricht, was das Buch letztlich alles bietet. Ebenso ätzend wie sterbenskomisch plaudert Duve derart kurzweilig über die Prinzessin von Snögglinuralthorma und dem Prinzen von Baskarien, dass man das Buch nur im Notfall aus der Hand legen wird.
Prinzessin Lisvana ist Nordländerin mit einer Mitgift, die leider ebenso klein wie sie hübsch ist. Auf der Liste heiratsfähiger Prinzessinnen, die die Minnesänger herausgeben, wird sie daher rasch überblättert. Auch weil ein Minnesänger abfällige Bemerkungen über den schlüpfrige Rentier- und Lemmingwitze erzählenden König dazuschreibt.
Prinz Diego ist Südländer und sieht mit zarten siebzehn Lenzen verständlicherweise ebenfalls hübsch aus. Ihm kommt es nicht auf die Mitgift an, seine Familie ist nämlich steinreich, sondern auf Trotz. Aus Trotz ist Diego sogar ein ständig schwarze Kleidung tragender Vegetarier geworden. Um seiner Mutter, die eine eifrige Blumenzüchterin ist, einen Tort anzutun, isst er einfach so viele Pflanzen wie möglich und vermeidet alles Farbenfrohe. Und aus der gleichen Bockigkeit bringt er seinen Vater, einen erfahrener Praktiker in Sachen echtem Blondhaar, dazu mit ihm ins ferne Snögglinuralthorma zur Brautwerbung aufzubrechen.
Eine Braut kann man sich schon gar nicht mit geckenhaftem Auftreten ertrotzen und so wird bald aus Brautwerbung brutaler Brautraub. Bis zum Happyend ist es dann noch ein weiter beschwerlicher Weg, den man mehr als einmal lesen wird.
Romeo und Julia - ohnedies schon recht unselbständige Langweiler, die sich vor allem durch zielloses Schmachten auszeichnen - schmieren gegen dieses vertrotzte Pärchen ins Bodenlose ab. Mal ganz abgesehen von allen anderen Protagonisten wie verstörte Eltern, verschmähte Ritter und Zwerge, die ihr ganz eigenes Intrigantensüppchen kochen.
Ein königlicher Spaß dessen eingestreute literarische déjà vu Effekte ebenso maßgeblich zum Lesevergnügen beitragen wie die schöne Aufmachung mit Lesebändchen und passenden Initialen.
Siehe dazu auch die Audio-CD
© S. Strohschneider-Laue
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